Mehrsprachige Menschen sind schlauer

¿Hablas español? Parlez-vous francais? Do you speak English?

Wenn du eine dieser Fragen mit „sí“, „oui“ oder „yes“ beantworten und gleichzeitig auch diesen Text auf Deutsch lesen kannst, gehörst du wahrscheinlich zu der zwei- oder mehrsprachigen Mehrheit der Weltbevölkerung.

Natürlich hat es beispielsweise auf Reisen oder im Beruf große Vorteile, eine weitere Sprache zu sprechen. Was du aber vielleicht noch nicht wusstest ist, dass es auch ganz besondere Auswirkungen auf dein Gehirn hat. Das sieht wahrscheinlich sogar anders aus und funktioniert anders, als das deiner einsprachigen Freunde. Viele behaupten mehrsprachige Menschen sind schlauer. Stimmt das?

Was bedeutet es eigentlich genau, eine Fremdsprache zu beherrschen? Sprachbeherrschung wird normalerweise anhand von 4 verschiedenen Kriterien gemessen:

  • 2 aktive Kriterien: Sprechen und Schreiben
  • 2 passive Kriterien: Hör- und Leseverständnis

Die meisten zweisprachigen Menschen nutzen und beherrschen diese Kriterien auf unterschiedliche Art und Weise.

Typen von mehrsprachigen Menschen

Zweisprachige Menschen können in 3 Typen eingeteilt werden:

#1 - Compound Bilinguals

Kinder erlernen zwei Muttersprachen gleichzeitig und verknüpfen deshalb ein Wort aus beiden Sprachen mit demselben KonzeptCompound Bilinguals

#2 - Coordinate Bilinguals

Hier wird eine zweite Sprache, zum Beispiel im Jugendalter, nach der Muttersprache erlernt. Deshalb verbindet der coordinate bilingual mit Wörtern aus verschiedenen Sprachen auch verschiedene Konzepte.

Coordinate Bilinguals

#3 - Subordinate Bilinguals

Subordinate Bilinguals lernen eine Sprache später und indem sie sie durch ihre Muttersprache filtern und erklären

Subordinate Bilinguals

Alle diese Typen können eine Sprache perfekt beherrschen (ohne Rücksicht auf Betonung und Aussprache). Allerdings gibt es auch Unterschiede. Dein Gehirn ist in zwei verschiedene Regionen aufgeteilt:

  • Linke Gehirnhälfte: Logische, analytische Prozesse
  • Rechte Gehirnhälfte: Emotionale, soziale Prozesse

Eine Sprache umfasst beide Prozesse.

Zwei Teile des Gehirns - Mehrsprachige Menschen

Dein Gehirn und das Sprachenlernen

Lateralisation ist der Prozess, bei dem verschiedene Tätigkeiten jeweils einer Gehirnhälfte zugeordnet werden, was im Kindesalter passiert und größtenteils ein Leben lang so veranlagt bleibt. Mathematik wird beispielsweise der linken Gehirnhälfte zugeordnet, da es eher analytische Fähigkeiten beansprucht. Dieser Prozess findet nach und nach statt, je älter ein Kind wird.

Aufgrund dieser Tatsachen wurde die Critical Period Hypothesis aufgestellt. Sie besagt, dass Kinder sich beim Sprachen lernen leichter tun, weil ihr Gehirn noch verformbar und die Lateralisation noch nicht komplett abgeschlossen ist. Die Verformbarkeit ihres Gehirns ermöglicht es Kindern daher, beide Gehirnhälften zu nutzen. Die meisten Erwachsenen können beim Spracherwerb allerdings nur von einer Gehirnhälfte Gebrauch machen (meist ist das die linke).

Falls diese Hypothese stimmt, würde das bedeuten, dass Kinder eine Sprache mithilfe sozialer und emotionaler Zusammenhänge ganzheitlicher lernen können. Umgekehrt haben neuere Nachforschungen ergeben, dass Menschen, die eine Sprache erst im Erwachsenenalter erlernen, weniger emotionale Neigungen und einen rationaleren Zugang zu einer Sprache zeigen, wenn sie Problemen in ihrer zweiten Sprache gegenüberstehen, als das in der Muttersprache der Fall ist.

Mehrsprachigkeit hat viele Vorteile für dein Gehirn

Egal, wann du eine weitere Sprache lernst, mehrere Sprachen zu beherrschen hat erhebliche Vorteile für dein Gehirn.

  • Zum Beispiel hat es dann eine größere Dichte an grauen Zellen (diese beinhalten einen Großteil der Neuronen und Synapsen).
  • Außerdem sind bestimmte Regionen deines Gehirns aktiver, wenn du zweite Sprache verwendest.
  • Das mehrsprachige Gehirn wird insgesamt mehr trainiert,  was dabei helfen kann, Krankheiten wie Alzheimer oder Demenz bis zu 5 Jahre länger hinauszuzögern.

Interessanterweise wurde es in den 60er Jahren noch als hinderlich angesehen, wenn Kinder zweisprachig aufwuchsen, weil angenommen wurde, dass es die Entwicklung des Kindes verlangsamt, da es sich dazu zwingen muss, zu viel Energie aus das Unterscheiden zwischen Sprachen zu verschwenden. Diese Ansichten beruhten aber hauptsächlich auf fälschlichen Studien.

Sind mehrsprachige Menschen also nun schlauer?

Heute weiß man, dass die Reaktionszeit und die Fehlerhäufigkeit in Sprachtests zwar bei manchen zweisprachigen Schülern ansteigt, allerdings löst der Aufwand und die Aufmerksamkeit, die dabei gebraucht werden, um zwischen dorsolateralen präfrontalen Kortexzwei Sprachen umzuschalten, eine höhere Aktivität im dorsolateralen präfrontalen Kortex aus und stärkt diesen auch.

Dieser Teil des Gehirns spielt eine wichtige Rolle bei Führungsaufgaben, Problemlösung, dem Wechsel zwischen mehreren Aufgaben und der Konzentrationsfähigkeit,  wenn irrelevante Informationen ausgeblendet werden müssen.

Das bedeutet also, dass Zweisprachigkeit dich vielleicht nicht unbedingt schlauer macht, es macht dein Gehirn aber gesünder, komplexer und aktiver.

Auch wenn du nicht das Glück hattest, eine zweite Sprache schon als Kind zu erlernen, ist es nie zu spät, damit anzufangen! Kaplan hilft dir dabei mit über 40 Sprachschulen weltweit.

Die Informationen über mehrsprachige Menschen kannst du dir auch in einer von vielen TED EdLessons anhören. Das Video erklärt dir obige Information auf Englisch. Versuche, ob du alles verstehen kannst.

Das könnte dich auch interessieren

Teilen